In Wissenschaft und Praxis werden bereits Methoden für die Modularisierung von Produkten und Dienstleistungen vorgeschlagen. Die Methodenlandkarte zur Einordnung von Modularisierungsmethoden umfasst zwei Dimensionen. Die erste Dimension beschreibt den Weg zu einer modularen Dienstleistungsarchitektur, während die zweite Dimension beschreibt, wie dieses Ergebnis grundsätzlich strukturiert ist. Übergeordnet dargestellt ist die Festlegung der Modularisierungsziele und -reichweite, die Umfang und Art der Ausführung der Phasen wie auch die angestrebte Strukturierung beeinflusst.
Der Ordnungsrahmen verweist auf Modularisierungsziele und eine Modularisierungsreichweite, die den Ablauf und das Ergebnis von Initiativen zur Dienstleistungsmodularisierung in Unternehmen und anderen Organisationen beeinflussen.
- Bei den Modularisierungszielen lassen sich im Wesentlichen zwei übergeordnete Ziele und damit verbundene Modularisierungsstrategien differenzieren. Dies ist zum einen die effizienzgetriebene Modularisierung, die zum Ziel hat, die mit dem Angebot von variantenreichen Dienstleistungen verbundenen Kosten zu minimieren, bspw. durch eine bessere Ressourcenauslastung. Zum anderen kann das Ziel aber auch ein marktorientiertes Variantenmanagement sein, das vor allem das Ausschöpfen bisher nicht erreichter Marktpotenziale zum Ziel hat.
- Hinsichtlich der Modularisierungsreichweite ist zu unterscheiden, welcher Teil und Umfang des Dienstleistungsportfolios der Organisation zum Gegenstand der Modularisierungsinitiative wird. Hier gilt es zum einen, durch die Modularisierung Synergien zu ermöglichen, die über die Grenzen einzelner bestehender Dienstleistungsangebote hinausgehen. Gleichzeitig ist es möglicherweise notwendig und sinnvoll, sich auf besonders dringliche oder erfolgsversprechende Teilbereiche zu beschränken, um die Machbarkeit und Erfolgswahrscheinlichkeit der Modularisierungsbemühungen zu gewährleisten bzw. zu erhöhen.
Die erste Dimension der Methodenlandkarte unterscheidet verschiedene Phasen, die im Rahmen von Initiativen zur modularen Gestaltung von Dienstleistungsangeboten durchlaufen werden, beginnend mit der Informationssammlung über das gegebenenfalls schon existierende Dienstleistungsportfolio und/oder Kundenbedarfe bis hin zum Testen des Modulbaukastens, der die definierten Module sowie Regeln und Schnittstellen zur Modulkombination umfasst.
- Die Phase Informationssammlung dient der Erfassung der Ausgangslage und umfasst die Erfassung des Status Quo im Sinne des existierenden Dienstleistungsangebots und der Dienstleistungserbringungsprozesse einerseits sowie die Identifikation des Kundenbedarfs nach verschiedenen Dienstleistungsvarianten andererseits.
- Die Phase Dekomposition widmet sich der Aufschlüsselung der zuvor gesammelten Informationen in ihre Elemente auf einer detaillierteren Betrachtungsebene. Diese bilden letztlich die kleinsten Einheiten, aus denen im weiteren Verlauf Module gebildet werden können. Leistungen aus dem Leistungskatalog werden im Sinne einer Stückliste in ihre Bestandteile gegliedert, wie bspw. eine Pkw-Inspektion in Ölwechsel, Sicherheitscheck und Filterwechsel. Prozesse werden analog in ihre Teilprozesse oder Aktivitäten zerlegt.
- Die Phase Strukturierung sortiert die zuvor identifizierten Elemente anhand einer oder mehrerer Beschreibungsdimensionen und beschreibt Zusammenhänge zwischen ihnen. Elemente lassen sich bspw. in Matrizen sich selbst gegenüberstellen, um deren Verbindungs- oder Interaktionsstärke untereinander aufzuzeigen. Sie lassen sich auch anhand vorgegebener Attribute in verschiedene Klassen zuordnen (bspw. automatisierte Aktivität vs. manuelle Aktivität, Verwendung bestimmter Ressourcen, Kundenkontakt ja/nein, etc.). Das Ergebnis ist eine Elementstruktur, bspw. eine Matrix oder Klassifikation, die einzelne Elemente zueinander in Beziehung setzt bzw. voneinander abgrenzt.
- Die Phase Modulbildung baut auf der Elementstruktur auf. Sie hat zum Ziel, Elemente, die einen starken Zusammenhang bzw. eine starke Interaktion aufweisen, zu Modulen mit einer hohen inneren Kohärenz zusammenzufassen. Entsprechend der Grundidee der Modularisierung sollen die entstehenden Module gleichzeitig möglichst unabhängig von anderen Modulen sein.
- In der Phase der Definition der Modulbeziehungen wird festgelegt, wie sich Dienstleistungen bzw. Dienstleistungsbündel auf Basis der zuvor gebildeten Module konfigurieren lassen. Es lassen sich bspw. Platzhalter definieren, für die zwischen verschiedenen Modulalternativen zu wählen ist. Bestimmte Module können sich gegenseitig bedingen oder ausschließen. Zu dieser Phase zählt auch die Definition von Schnittstellen, die die Kombination bestimmter Module erst ermöglicht.
- Die abschließende Phase umfasst das Testen des geschaffenen Modulbaukastens. Hierbei ist zu überprüfen, ob die Verwendung der Module unter Berücksichtigung der definierten Schnittstellen und Konfigurationsregeln zu gültigen und sinnvollen Lösungen führt und gleichzeitig nicht gewünschte Konfigurationen effektiv ausgeschlossen werden. Darüber hinaus ist zu evaluieren, ob sich durch die Schaffung des modularen Baukastens tatsächlich auch Verbesserungen in der Effektivität und Effizienz des Vertriebs sowie der Erbringung von Dienstleistungen ergeben.
Die zweite Dimension unterscheidet zwischen verschiedenen Strukturierungsformen der Module. Aus der produzierenden Industrie bekannt sind klassische logische Strukturen, bei denen der Aufbau von Produkten aus seinen Komponenten beschrieben wird, wie bspw. bei einer Stückliste. Aus der im Dienstleistungssektor besonders relevanten Prozessperspektive ergibt sich hingegen eine temporale Struktur, d.h. Module befinden sich in einer zeitlichen Ordnung zueinander. Prozessmodule bzw. Teilprozesse folgen aufeinander und es bestehen Vorgänger-Nachfolger-Beziehungen. Diese ersten beiden Strukturierungsformen lassen sich in einer Analogie zur Aufbau- und Ablauforganisation in der Organisationsgestaltung verstehen. Komplexe Strukturen kombinieren schließlich mehrere dieser zuvor genannten Strukturen miteinander, d.h. bspw. mehrere logische Strukturen, mehrere temporale Strukturen oder logische und temporale Strukturen.